Beschäftigungsanspruch - unternehmerische Entscheidung - Wegfall der Beschäftigung infolge Umorganisation - Missbrauchskontrolle

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.06.2021; AZ.: 9 AZR 217/20; 15.06.2021

Der Sachverhalt

Die Klägerin verlangt von der Beklagten, sie vertragsgemäß zu beschäftigen.

Die Beklagte hat die Klägerin seit Juli 2000 im Betrieb H als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 7. Oktober 2013 haben die Parteien ua. vereinbart:

„§ 2 Tätigkeit

1) Frau S wird als Assistentin der Geschäftsleitung beschäftigt.

2) Personalsachbearbeitung

3) Firmengelände/Gebäude

4) Haustechnik

5) Die Firma behält sich vor, dem Arbeitnehmer eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, die seinen Vorkenntnissen entspricht. Macht sie hiervon Gebrauch, so ist die bisherige Vergütung weiter zu zahlen.“

Nach einem Wechsel in der Geschäftsführung der Beklagten übermittelte die Klägerin dem neuen Geschäftsführer auf dessen Bitte am 13. September 2016 ein Tätigkeitsprofil, in dem sie ihre Aufgaben im Einzelnen schilderte. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2016 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2017 und stellte die Klägerin von der Erbringung der Arbeitsleistung frei. Im Kündigungsschutzverfahren führte die Beklagte aus, es bestehe kein Bedarf mehr, die Klägerin in den Bereichen Assistenz, Personalsachbearbeitung, Firmengelände/Gebäude und Haustechnik zu beschäftigen. Die bisherigen Aufgaben der Klägerin seien teilweise entfallen und würden im Übrigen von anderen Arbeitnehmern, dem Geschäftsführer oder von externen Fachleuten und Firmen wahrgenommen. Das Arbeitsgericht Herford stellte mit Urteil vom 26. April 2017 (- 2 Ca 1054/16 -) fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 10. Oktober 2016 nicht aufgelöst worden ist und verurteilte die Beklagte, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen mit dem Aufgabenbereich nach § 2 des Arbeitsvertrags weiter zu beschäftigen.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2017 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie beabsichtige, sie zur Meidung der Zwangsvollstreckung im Betrieb L zu beschäftigen. Nach einem Schriftwechsel der Parteien über die Konditionen des beabsichtigten Einsatzes erklärte sich die Klägerin mit Schreiben vom 9. Juni 2017 bereit, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzprozesses am Standort der Beklagten in L im Einkauf weiter beschäftigt zu werden. Einer Aufforderung der Beklagten vom 29. Juni 2017 folgend, bot sie ihre Arbeitsleistung am 3. Juli 2017 in L an und wurde von der Beklagten dort zunächst als Verkaufssachbearbeiterin beschäftigt. Den Betriebsrat des Betriebs H hatte die Beklagte zuvor nicht beteiligt. Nach einem Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten und den Vorrang einer Änderungskündigung, nahm die Beklagte die Berufung gegen das der Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts mit Schriftsatz vom 28. März 2018 zurück.

Seit April 2018 ist die Klägerin Mitglied des im Betrieb L gebildeten Betriebsrats.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2018 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos auf, sie wieder an ihrem bisherigen Arbeitsplatz in H zu beschäftigen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Mai 2018 ab. Die Klägerin hat daraufhin am 7. Juni 2018 die vorliegende Klage eingereicht und ihre Beschäftigung in H sowie die Feststellung begehrt, dass sie nicht verpflichtet sei, der Anordnung der Beklagten vom 29. Juni 2017, die Tätigkeit künftig in L zu verrichten, Folge zu leisten. Sie hat vorgetragen, es sei der Beklagten möglich, sie als Assistentin der Geschäftsleitung in H zu beschäftigen. Die von ihr ausgeübten Tätigkeiten seien nach wie vor vorhanden. Deren Verteilung auf andere Mitarbeiter führe nicht zu einem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit. Zudem könne sich die Beklagte hierauf nicht berufen, weil sie im Verlauf des Kündigungsschutzverfahrens im Betrieb H Stellen für „Personalsachbearbeiter“ und „Personalreferenten“ ausgeschrieben und besetzt habe, auf die sie sich erfolglos beworben habe. Jedenfalls könne die Beklagte ihr andere vertragsgemäße Tätigkeiten in H zuweisen. Die Beklagte sei auch deshalb verpflichtet, sie weiterhin in H zu beschäftigen, weil der Betriebsrat H ihrer Versetzung nicht zugestimmt habe.

Die Klägerin hat, nachdem das Arbeitsgericht ihrem Feststellungsantrag stattgegeben hat, zuletzt – soweit für die Revision noch von Bedeutung – beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, sie am Standort in H ausschließlich mit den Tätigkeiten zu beschäftigen, die in § 2 des Arbeitsvertrags vom 7. Oktober 2013 aufgelistet sind;

2. hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, sie am Standort in H mit wenigstens einer der folgenden Tätigkeiten zu beschäftigen:

– Assistentin der Geschäftsleitung

– Personalsachbearbeitung

– Firmengelände/Gebäude

– Haustechnik;

3. hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, sie am Standort in H mit Aufgaben der Personalsachbearbeitung zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beschäftigung der Klägerin als Assistentin der Geschäftsleitung sei unmöglich geworden, weil der Arbeitsplatz aufgrund der Umsetzung ihrer Organisationsentscheidungen weggefallen sei. Ein freier Arbeitsplatz, auf dem die Klägerin anderweitig vertragsgerecht beschäftigt werden könne, existiere im Betrieb H nicht. Die Stellen für „Personalsachbearbeiter“ und „Personalreferenten“ seien besetzt. Die Tätigkeit einer Personalsachbearbeiterin sei zudem geringwertiger als die einer Assistentin der Geschäftsführung. Das in der Ausschreibung für die Stellen von „Personalreferenten“ vorgegebene Anforderungsprofil habe die Klägerin nicht erfüllt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage in dem für die Revision noch erheblichen Umfang abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Vor Abschluss des Berufungsverfahrens hatte die Beklagte die Klägerin am 5. November 2019 angewiesen, ab dem 6. November 2019 ihren Arbeitsplatz in L nicht mehr aufzusuchen und ausschließlich ihrer Betriebsratstätigkeit nachzugehen. Im Verlauf des Revisionsverfahrens hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 28. Februar 2020 untersagt, den Betrieb in L zu betreten, sofern dies nicht der Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Betriebsratsmitglied diene. Mit Schreiben vom 2. Juni 2021 hat sie die Klägerin unter Aufrechterhaltung der Weisung vom 28. Februar 2020 erneut in den Betrieb L versetzt. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die Beklagte den Betriebsrat des Betriebs H vor der Versetzung ordnungsgemäß beteiligt hat.

Die Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat ihre Berufung gegen das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil zu Recht zurückgewiesen.

I. Der Kündigungsschutzantrag ist begründet. Die Kündigung der Beklagten vom 17. Juli 2018 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Sie ist nicht durch Gründe, die in der Person der Klägerin liegen, bedingt iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG.

1. Die Wirksamkeit einer – wie hier – auf krankheitsbedingte Fehlzeiten gestützten ordentlichen Kündigung setzt zunächst eine negative Gesundheitsprognose voraus. Im Kündigungszeitpunkt müssen objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen (erste Stufe). Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen (zweite Stufe). Ist dies der Fall, ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen (dritte Stufe) (st. Rspr., zuletzt BAG 25. April 2018 – 2 AZR 6/18 – Rn. 19, BAGE 162, 327).

2. Das Landesarbeitsgericht hat ohne revisiblen Rechtsfehler angenommen, es habe zwar eine negative Gesundheitsprognose bestanden, die Beklagte habe jedoch keine erhebliche Beeinträchtigung ihrer betrieblichen Interessen durch die künftig zu erwartenden krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin dargetan.

a) Es liegt kein Fall vor, in dem gesonderte Darlegungen der Beklagten zu erheblichen Beeinträchtigungen ihrer betrieblichen Interessen entbehrlich gewesen wären. Die Beklagte behauptet selbst nicht, im Zeitpunkt der Kündigung habe eine krankheitsbedingte dauernde Leistungsunfähigkeit der Klägerin festgestanden oder es habe doch in den nächsten 24 Monaten nicht mit ihrer – der Klägerin – Genesung gerechnet werden können (vgl. BAG 13. Mai 2015 – 2 AZR 565/14 – Rn. 18).

b) Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, die Beklagte habe Betriebsablaufstörungen infolge der krankheitsbedingten Ausfälle der Klägerin nicht hinreichend konkret vorgetragen. Dies wird auch von der Revision nicht in Frage gestellt.

c) Auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, es sei keine erhebliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten zu besorgen gewesen, ist rechtsfehlerfrei.

aa) Für die Erstellung einer Prognose, mit welchen wirtschaftlichen Belastungen der Arbeitgeber aufgrund künftiger krankheitsbedingter Ausfallzeiten des Arbeitnehmers zu rechnen hat, ist vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls ein (vergangenheitsbezogener) Referenzzeitraum von drei Jahren maßgeblich. Ist eine Arbeitnehmervertretung gebildet, ist auf die letzten drei Jahre vor Einleitung des Beteiligungsverfahrens abzustellen (vgl. BAG 25. April 2018 – 2 AZR 6/18 – Rn. 23, BAGE 162, 327).

bb) Die Prognose muss eine erhebliche künftige Beeinträchtigung des Austauschverhältnisses ergeben. Die berechtigte Gleichwertigkeitserwartung des Arbeitgebers muss in einem Maß unterschritten sein, dass es ihm unzumutbar ist, über die Dauer der Kündigungsfrist hinaus an dem (unveränderten) Arbeitsverhältnis festzuhalten (vgl. BAG 25. April 2018 – 2 AZR 6/18 – Rn. 36, BAGE 162, 327).

cc) Für die Beurteilung der zu erwartenden wirtschaftlichen Belastungen sind vor allem Entgeltfortzahlungskosten gemäß §§ 3, 4 EFZG im Referenzzeitraum beachtlich (st. Rspr., vgl. BAG 16. Februar 1989 – 2 AZR 299/88 – zu B III der Gründe, BAGE 61, 131). Sie sind Ausdruck einer Störung des Synallagmas zwischen der Arbeitsleistung auf der einen und der vereinbarten Vergütung auf der anderen Seite. Soweit Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geschuldet ist, steht der allein für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers versprochenen laufenden Vergütung kein Pendant gegenüber. Dieser Belastung können Arbeitgeber sich nicht durch abweichende Regelungen „entziehen“ (§ 12 EFZG). Unter §§ 3, 4 EFZG fallen auch „arbeitsleistungsbezogene“ Sondervergütungen mit reinem Entgeltcharakter (vgl. BAG 21. März 2001 – 10 AZR 28/00 – zu II der Gründe, BAGE 97, 211; ErfK/Preis 21. Aufl. BGB § 611a Rn. 541 ff.).

dd) Zuschüsse zum Krankengeld sind grundsätzlich nicht zulasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Ihre Zahlung beruht – anders als die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach §§ 3, 4 EFZG – nicht auf einer zwingenden gesetzlichen Verpflichtung. Mit der Zusage derartiger Zuschüsse übernimmt der Arbeitgeber vielmehr „freiwillig“ ein nach dem Gesetz dem Arbeitnehmer zugewiesenes Risiko. Verwirklicht es sich, soll dies – in finanzieller Hinsicht – allein zu seinen Lasten gehen und regelmäßig nicht den Bestandsschutz des Arbeitnehmers mindern (vgl. BAG 25. April 2018 – 2 AZR 6/18 – Rn. 31, BAGE 162, 327).

ee) Leistungen, mit denen ausschließlich erbrachte und/oder künftig erwartete Betriebstreue und nicht auch eine bestimmte Arbeitsleistung honoriert werden soll, gehen kündigungsrechtlich ebenfalls nicht zulasten des Arbeitnehmers. Der mit diesen Leistungen vom Arbeitgeber verfolgte Zweck wird durch die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht gestört. Der hierfür notwendige Bestand des Arbeitsverhältnisses bleibt von dem krankheitsbedingten Ausfall unberührt, der Arbeitgeber erhält gleichwohl die volle von ihm angestrebte Gegenleistung.

ff) Leistungen, die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt (Sondervergütungen, § 4a EFZG), stellen selbst dann keine „kündigungsrelevante“ wirtschaftliche Belastung dar, wenn sie nicht allein für den Bestand des Arbeitsverhältnisses, sondern auch für eine Arbeitsleistung im Bezugszeitraum gezahlt werden. Zwar führt die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers insofern zu einer – teilweisen – Störung des Austauschverhältnisses. Doch ist diesbezüglich durch § 4a EFZG eine abschließende Risikozuweisung erfolgt. Nach Satz 1 der Vorschrift sind Vereinbarungen über die Kürzung von Sondervergütungen auch für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit zulässig; nach ihrem Satz 2 darf die Kürzung für jeden Tag der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bis zu einem Viertel des Arbeitsentgelts betragen, das im Jahresdurchschnitt auf einen Arbeitstag entfällt. Mit einer entsprechenden Kürzung sind Störungen im „Arbeitsleistungsanteil“ der Sondervergütung als behoben anzusehen. Fehlt es an einer Kürzungsregelung, hat der Arbeitgeber das Risiko der unverminderten Zahlung zu tragen (vgl. Däubler/Deinert/Zwanziger/Deinert KSchR 11. Aufl. § 1 KSchG Rn. 128).

gg) Eine kündigungsrelevante wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers liegt – vorbehaltlich einer Interessenabwägung auf der dritten Stufe – vor, wenn prognostisch die zulasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigenden Kosten jährlich insgesamt den Betrag übersteigen, der gemäß §§ 3, 4 EFZG als Entgeltfortzahlung für sechs Wochen geschuldet ist (vgl. BAG 25. April 2018 – 2 AZR 6/18 – Rn. 36, BAGE 162, 327).

hh) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine erhebliche wirtschaftliche Belastung der Beklagten durch künftig zu erwartende Krankheitszeiten der Klägerin verneint.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler auf einen Prognosezeitraum von – etwas mehr als – drei Jahren vor der Anhörung von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung durch die Beklagte im Juli 2018 abgestellt. Es war nicht deshalb zwingend geboten, über den bis Mitte 2015 zurückreichenden „Regelreferenzzeitraum“ oder doch – wie es das Berufungsgericht letztlich zugunsten der Beklagten getan hat – den Anfang des Jahres 2015 hinauszugehen, weil die Klägerin in den Jahren 2012 bis 2014 jeweils mit Entgeltfortzahlung belastete Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen aufgewiesen hatte. Ihre Beschäftigung in den letzten, für die (zukunftsbezogene) Prognose besonders aussagekräftigen drei bis dreieinhalb Jahren vor der Beteiligung der beiden Arbeitnehmervertretungen zu der streitbefangenen Kündigung war geprägt von längeren, nicht mehr entgeltfortzahlungspflichtigen Arbeitsunfähigkeitszeiten. Das gilt nicht nur für die Jahre 2015 und 2016, sondern auch wieder für die Zeit von Ende 2017 bis Mitte Juli 2018.

(2) Zulasten der Klägerin sind für das Jahr 2017 die nicht auf ihren für eine Prognose irrelevanten Unfall zurückzuführenden Entgeltfortzahlungskosten iHv. 8.563,29 Euro zu berücksichtigen.

(3) Weitere Leistungen der Beklagten bleiben für die Prognose der zukünftig zu erwartenden wirtschaftlichen Belastungen der Beklagten außer Betracht.

(a) Das sich nur im Jahr 2015 für sie verwirklichte Risiko, Krankengeldzuschüsse zahlen zu müssen, ist von der Beklagten in der Betriebsordnung „freiwillig“ übernommen worden.

(b) Die Zuwendung sog. Jubiläumsaktien im Jahr 2016 erfolgte nach der betreffenden Betriebsvereinbarung allein wegen der Zurücklegung einer bestimmten Dienstzeit. Diese Gegenleistung hat die Beklagte ungeachtet der Krankheitszeiten der Klägerin voll erhalten.

(c) Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie das Tankdeputat sind auch für die Jahre 2015 und 2016, in denen die Klägerin durchgehend arbeitsunfähig war, nicht zu ihren Lasten zu berücksichtigen. Es spricht schon vieles dafür, dass mit diesen Leistungen allein der Bestand eines nicht ruhenden Arbeitsverhältnisses und nicht auch eine Arbeitsleistung im Bezugszeitraum honoriert werden sollte und deshalb durch die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin überhaupt keine Störung im Austauschverhältnis eingetreten ist. Jedenfalls hat nach § 4a EFZG die Beklagte das Risiko zu tragen, diese Leistungen ungeachtet der ganzjährigen Arbeitsunfähigkeit der Klägerin erbringen zu müssen.

(d) Die nach der zugrunde liegenden Betriebsvereinbarung vom Erreichen persönlicher Ziele und dem Unternehmenserfolg abhängigen Boni für das Jahr 2015 iHv. 2.425,00 Euro und das Jahr 2016 iHv. 2.240,00 Euro dürften als „arbeitsleistungsbezogene“ Sondervergütungen mit reinem Entgeltcharakter unter §§ 3, 4 EFZG gefallen und deshalb nicht für Zeiträume geschuldet gewesen sein, in denen – wie in den gesamten Jahren 2015 und 2016 – kein Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestand. Andernfalls wirkten sie nach der Risikozuweisung des § 4a EFZG gleichermaßen nicht „kündigungsbegründend“.

(e) Die tarifliche Einmalzahlung im Jahr 2015 iHv. 120,00 Euro hat ebenfalls kündigungsrechtlich außer Betracht zu bleiben, weil sie entweder für eine Zeit vor dem bis maximal zum 1. Januar 2015 zurückreichenden Referenzzeitraum oder als pauschalierte Nachzahlung laufenden Arbeitsentgelts für das Jahr 2015 und damit nach §§ 3, 4 EFZG ohne Rechtsgrund oder aber als eine von einer konkreten Gegenleistung unabhängige Sonderzahlung erbracht wurde.

(f) Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Pensionsrückstellungen zulasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sein können. Angesichts eines undifferenziert behaupteten Gesamtbetrags von 14.600,00 Euro für den Zeitraum 2012 bis 2017 ist vorliegend schon eine Aufteilung auf die allein prognoserelevanten Jahre 2015 bis 2017 nicht möglich.

II. Der scheinbar zeitlich unbegrenzte Beschäftigungsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist mit dem Landesarbeitsgericht dahin auszulegen, dass die Klägerin nur ihre vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer der Bestandsstreitigkeit begehrt. Diese ist mit dem vorliegenden Urteil rechtskräftig abgeschlossen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.